Presse


ausführlichere Texte:
4 Suiten zu Viktor (Patrick Müller, Text zu CD)
Gegen die Systeme ankomponieren (Thomas Meyer, Tages-Anzeiger)
Streif(f)lichter (Rico Gubler, Positionen Nr. 44)
"...weisses Blatt Papier..." (Patrick Müller, Interview)
das erlösende Moment am Doppelstrich (Dissonanzen Nr. 78)

Seltsam. Was hatte denn diese kleine Trommel, auf deren Fell achtlos zwei Bücher (Kierkegaard) und eine CD (Iggy Pop) deponiert waren, neben dem Eingang in die Ausstellungsräume des Hauses Konstruktiv in Zürich zu suchen? Ein vergessenes Objekt? (...) Dann am Schluss in der Bar – sozusagen als Zugabe – kam die Auflösung des Rätsels mit der Trommel. Desinteressiert setzte sich einer hinter das Instrument, klöpfelte mit einem Finger darauf herum, brummelte etwas Philosophie. Dann, mit gesteigerter Präsenz, begann er perkussiv zu arbeiten und rappte dazu in Englisch («I'm bored, I'm the chairman of the board . . .» usw.), um danach gähnend über die proportional zur Bevölkerungsdichte anwachsende Langeweile zu meditieren. Aber wie frech. «Bored» (2003) ist beste Medizin gegen Langeweile, komponiert von Rico Gubler, aufgeführt von Christoph Brunner. (NZZ, Juli 2009)


" ... Euphotic circles pour saxophone et ensemble permet à Rico Gubler, soliste généreusement doué, de donner libre cours à son imagination musicale et virtuose, qualités que l’on apprécia encore dans la deuxième pièce de Michael Jarrel "Résurgences"..."
(Journal de La Chaux-de Fonds, Mai 99)

"....ausgezeichnet wurde er schon bei verschiedenen Kompositionswettbewerben. Zu recht, denn seine Musik ist frisch, voller Energie und überraschender Klangeffekten..."
(Basler Zeitung, Dez. 99)

"...aufgebrochene Momente...Zeit für zeitgenössische Musik"  nannten Rico Gubler, Gary Berger und Sascha Armbruster ein fünfteiliges Festival, welches sie am vergangenen Wochenende im Theater Ticino in Wädenswil veranstaltet hatten. .. Interpretatorisch unglaubliche Leistungen waren zu hören, in den "aufgebrochenen Momenten" etwa von Rico Gubler (Tenorsaxophon) und Daniel Buess (Cymbal)..."
(Neue Zürcher Zeitung Mai 00)

...ganz in diesem Sinne gestalteten die Musikerinnen und Musiker den Scelsi-Abend in Offenburg, Vorträge notierter Werke wechselten sich mit Improvisationen von Sascha Armbruster, Rico Gubler, Tobias Kopf und Herbert Söllner ab. Die Improvisateure beherrschen ihre Instrumente, es gibt keine Technik, keine Klangerzeugung, die sie nicht ausprobierten. Ein gemeinsamer Anfang, eine gemeinsame Steigerung, die in Ekstase endet, ein gemeinsamer Schlus. Einer für alle, alle für einen, und doch war jeder allein mit seinem Instrument...der Wohlklang der französischen Sprache, verbunden mit Scelsis eindringlicher Musik,liess den aufmerksamen Zuhörer taumeln. Zurück blieb ein Gefühl von Schwindel und unerklärlicher Weite.
(Badische Zeitung, Nov. 95)

...diese Selbstinszenierung kommt im Werk "La piège de Méduse" von Erik Satie stark zur Geltung und wird mittels choreographischer Raffinesse Gublers erst recht unterstrichen. Für die heutige Version schrieb Rico Gubler die zrsprüngliche Klavierfassung in eine Fassung für fünf Instrumentalisten um. Gubler lässt die Hauptfigur dieser lyrischen Komödie, den Baron Qualle alias Satie, alleine auf der Bühne walten und funktioniert die anderen drei Akteure in Fenster um, die, alle aus einem anderen Blickwinkel, auf die Hauptfigur geöffnet werden und via Lautsprecher in Aktion treten...Etwas wirr mag das wohl ertönen, doch wenn sich einem schon die Gelegenheit bietet, in zwei, beziehungsweise drei oder gar vier Leben gleichzeitig einzutauchen, würde es schon erstaunen, wenn da alles logisch, harmonisch, klar und auf Anhieb verständlich wäre.
(Grenzpost am Zürichsee, März 96)

...womöglich noch gequälter ringt Rico Gublers erschöpfen - als kleines für Solosprecher, 4 Schreier/Flüsterer, 2 Kammersprechchöre und Bassflöte um sprachliche Artikulation. Kein logischer Diskurs ist mehr möglich; lediglich partielle Beschwörung in zerhacktem, ersticktem, durchlöchertem Flüstern bleibt übrig. Wo die einzlenen Phoneme momentweise zu Verständlichem zusammenschiessen, werden Schreckensworte vernehmbar, die aus einem Text von Thomas Bernhard stammen könnten: "hoffnungslos", "schlecht", "zerquetscht", "keine Luft". Gublers Komposition ist distanzierter, reflektierter und formalisierter als diejenige Knüsels und gleichzeitig doch noch suggestiver und beklemmender, spannungsgeladen gerade in den vielen Pausen. Wie mit letzter Atemkraft sucht die Bassflöte gegen Ende des Werkes mit langen und leisen Tönen die immer grässlicher klaffenden Lücken zu stopfen. 
(Dissonanz Nr.51, Feb. 97)

"Katarakt" meint Wasserfall und ist der Name eines fünfköpfigen Ensembles(Rico Gubler, Martin Birnstiel, Samuel Wettstein, Jaap van Bemmelen und Daniel Buess), das am Dienstag dem St.Galler Publikum ein buchstäblich berauschendes Klangspektakel präsentiert hat...im Laufschritt enterten sie die Bühne, mit Sprinterkadenz hangelten sie sich durch Louis Andriessens "Hout". Schnelle Läufe auf Saxophon, Klavier, Marimba und E-Gitarre, miteinander, durcheinander, gegeneinander, übereinander und nacheinander gespielt, in konstantem Tempo und variierenden Lagen. Die Läufe fügen sich zum fein strukturierten, präzis gewobenen und jazzig kolorierten Klangteppich zusammen...die Solostücke "Hard" für Tenorsaxophon, Mathias Gloors "Pubertäre Ausschweifungen" und die "4 Saitenskizzen" für Gitarre von Rico Gubler gerieten zu eindrücklichen Demonstrationen...das abschliessende Quartettstück "In Four" von Wolfgang Heiniger bündelte die Qualitäten der fünf Musiker zum homogenen Klangbild und waren besipielhaft für die Vielfalt der Stile und Techniken...Neue Musik, Jazz, Rock, Improvisationslust und neugieriges Suchen nach Klängen jenseits von Konformität: Auf diesem Fundament arbeitet "Katarakt". Es ist ein bewegliches Fundament, wie ein Wasserfall stürzend, springend, wogend.
(St.Galler Tagblatt, Dez. 97)

...und nun der fast brutale Gegensatz: Zwischen den beiden "Klassikern" eine sehr moderne Komposition eines jungen Zürchers...Gubler liess sich laut Programm von einem Hölderlin-Text inspirieren. Man kann aber ruhig alles vergessen, was man bis anhin über Musik gehört oder gelesen hat. Gubler inszeniert die völlige Entfremdung...
(Echo von Grindelwald, Jan. 98)

...wohl aber kredenzten die Ausführenden Marc Kilchenman, Rico Gubler und Daniel Buess dem zahlreich erschienen Publikum im Keller in der Münstergasse 48 in Bern ein oppulentes Mahl, das, trotz eingeschobenen Amuse-gueules in Form von Zahnstochern, aphoristisch vernkappten, das eben Gehörte reflektierenden Intersektionen II von Rico Gubler, dem Schreibenden schwere Träume bescherte...
(Der Bund, Jan. 98)
 
...Frank Zappa a jadis demandé: "Does humour belong in music?", et la réponse doit être un "yes" résonant, surtout à la vue de Scheidegger qui maltraitait sa guitare acoustique de toutes façons imaginable, et Guy Frisch qui frappait sur des coussins avec les manches de ses baguettes ou bien faisait vibrer une règle comme un écolier pour interpréter In Salzlachen de Gubler.... Le concert entier a rayonné un professionalisme et une concentration vraiment extraordinaires...Le caractère souvent poétique de cette soirée a su ouvrir les esprits conservateurs pour de nouvelles tonalités et il a confirmé que le manque d’expérimentation est synonyme de mort...
(d’Letzteburger Land, Feb. 98)
 
Mit ähnlicher Vehemenz wie sich in einer Welt zunehmender Unübersichtlichkeit überall Schubladen auftun, stossen die Schubladenverweigerer, Freunde fröhlicher Unordnung, diese wieder zu. Oft müsste man ja, nehmen wir zum Beispiel einen Musiker, das zur Lagerung bestimmte Objekt gleich mehrfach teilen, um es richtig einordnen zu können. Rico Gubler ist Saxophonist, Improvisator und Komponist. Dreigeteilt somit? Oder gehört er etwa in die Abteilung Allround-Musiker? Natürlich wird man nicht zum Komponisten geboren. Zumindest glauben wir nicht daran. Sondern man nähert sich der Musik erst einmal singend, auf dem Instrument, bis dann das Notenschreiben so viel Platz einnimmt, dass zum Üben keine Zeit mehr bleibt.

Bei Rico Gubler ist das vorerst noch nicht so. Drei Viertel seines Einkommens erbläst er sich mit dem Saxophon. Zum Studium begab sich der 1972 in Richterswil bei Zürich Geborene nach Basel zu Iwan Roth. Dann wieder nach Zürich zu Marcus Weiss und schliesslich nach Paris zu Jean-Michel Goury. Im Lebenslauf steht: «Spezialisierung auf zeitgenössische Musik, freie Improvisation und Live-Elektronische Musik». Wer es hören möchte, kann das auf der in diesem Monat (Januar) erscheinenden Solo-CD «Viktor» tun.

Das Komponistenhandwerk hat Gubler bei Balz Trümpy an der Basler Musikhochschule studiert und bei Salvatore Sciarrino in Florenz. Mit 22 Jahren schrieb er seine ersten Stücke. Kammermusik fast alles, vom Solowerk zum Oktett. Etwas für «Schreier/Flüsterer» und zwei «Kammersprechchöre» ist dabei, auch einige Stücke mit Saxophon, die Gubler aber nie selbst spielt. Aus Prinzip. Gubler ist nicht «komponierender Virtuose», wie das neunzehnte Jahrhundert so manchen sah, und auch nicht ein, was die neuere Version davon wäre, eitler Nabelschauer oder egomanischer Do-It-Yourself-Musiker, sondern eben Saxophonist, Improvisator und Komponist.

Als Komponist braucht er sogar den Interpreten, jemanden also, dessen ganz eigene Persönlichkeit sich in der Musik mit den Vorstellungen Gublers trifft. An zu loser Leine möchte der Komponist aber die Aufführenden auch nicht lassen. Zwar seien die Zeiten «allzu ernster zeitgenössischer Musik» und «strenger Kontrolle» durch den Komponisten, vorbei, doch auch Gubler gibt den Musikern genaue Anweisungen auf den Übeweg. Da müssen in einer Partitur schon mal drei bis vier Seiten Spielanweisungen studiert werden, bevor man überhaupt den ersten Ton vom Stapel lässt. Erst aus dieser Kombination aber von Interpretenfreiheit und Restriktion durch den Komponisten ergebe sich, so Gubler, ein stimmiges Resultat.

Was heisst stimmig? Die Präzision im Rhythmischen, sagt Gubler. Wir hören ein paar Takte aus den «Vier Suiten für Viktor» (2000). Den 23 Minisätzchen hat Gubler viel Bewegung eingeschrieben, rhythmische Energie... Groove, sage ich. Nein, Präzision. Wir streiten ein bisschen. Wahrscheinlich meinen wir beide dasselbe. Nur ist für jemanden, der wie Gubler eine «E-Gitarren-Jugend» verbracht und einen Jazz/Rock-Hintergrund hat, das groovige Abweichen vom strengen Metrum eben Präzision. Jedenfalls klingt Gublers Musik mit grosser Selbstverständlichkeit. Da steht kein konstruiertes Muss dahinter, sondern die Erfahrung, dass Musik a priori etwas Direktes ist. Die klaren Farben des unmittelbar Einleuchtenden hat das Studium schliesslich verfeinert, aber nicht getrübt. Gublers Musik hat auch viel mit Sprache zu tun. Man findet in den Partituren Texte von Hölderlin, natürlich, von Robert Walser, Thomas Bernhard... Wie er sagt, unternehme er aber keine Vertonungen, sondern umschreibe die Texte in seiner Musik. So klingt sie auch oft «gesprochen», in einem natürlichen Rhythmus. Ein Dialog, eine Diskussion, Streit, Gesäusel, Brüllen, Wispern, Verhauchen. Die Palette ist gross. Letztlich lässt sich vieles auf Sprache zurückführen. Gublers junge Vielseitigkeit darauf zu reduzieren, wäre gewiss falsch. In seinem Werkkatalog finden sich auch sehr Klang-orientierte Stücke, expressionistisch Auftrumpfendes, Tosen und Fast-Stille, Splitterzartes...

Als dritter Komponist der Woche wird Rico Gubler in Basel kein Konzert veranstalten, sondern klingende Plakate in der Region aufstellen lassen. «Semipermeabel – Eine öffentliche Diffusion» heisst das Projekt. Es sind normale «Musikmonat»-Plakate, aus denen via Lautsprecher leise und unaufdinglich Sätze aus den «Suiten für Viktor» erklingen. Die zwei bis drei Minuten dauernden Stücke begreift Gubler als «Mini-Konzertereignisse». Damit mindert er ganz im Sinne der Veranstalter Schwellenängste eines breiten Publikums zur E-Musik der Avantgarde. Man muss nicht gleich in ein zweistündiges Konzert gehen, sondern kann mal reinschnuppern...
(Basler Zeitung, 18.1.01)

Harmonie und Dissonanz
Rico Gubler: Konzert im Amtshaus bri Lüchow. Ein Hörerlebnis besonderer Art war das Konzert von Rico Gubler und fünf hochkarätigen Solisten im Lüchower Amtshaus, das vom Förderkreis der Musikschule organisiert worden war. Der 30-jährige Schweizer kam während einer Konzertreihe auch ins Wendland. Da der junge Komponist vor einiger Zeit Stipendiat in Schreyahn gewesen ist, machte er zwischen Auftritten in Basel und Braunschweig einen Abstecher nach Lüchow. Eine glückliche Fügung, denn er brachte mit seinem Werk »Vier Suiten für Viktor» nicht nur ein außergewöhnlich kraftvolles und lebendiges Beispiel zeitgenössischer Musik ins Amtshaus, sondern auch fünf international gefeierte Solisten, die mit ihrem virtuosen, beseelten Spiel die Zuhörer fesselten. Schon die Vortragsbezeichnungen »wie unendlich gebrochenes Glas», »unruhig lauernd» oder »tief gerieben» deuteten auf ungewöhnliche Klang-formen. So war es nicht allzu überraschend, dass Gabriel Walter den Klaviersaiten mit einem Wasserglas Klänge wie einer Bottleneck-Gitarre entlockte. Die Saxophone von Sascha Armbruster und die Klarinetten von Karin Dornbusch demonstrierten, warum sie im Englischen zu den Wind-instrumenten gezählt werden. Stefan Häußler, Violine, und Imke Frank, Violoncello, variierten ihr Spiel von gefühlvollen, satten Klängen bis hin zu sirrendem Stahl. Es ist wohl sehr selten, dass Instrumente in ihrem Klangschatz so ausgespielt werden können. Da waren die von den Klassikern bekannten und virtuos gespielten Klangfarben in schnellem Wechsel mit völlig ungewohnten Klängen, die aber dennoch das jeweilige Instrument nicht in die Entfremdung trieben, sondern seine Möglichkeiten entfalteten. Trotz dieses innovativen musikalischen Feuerwerks wurde die Virtuosität nie zum Selbstzweck. Gubler ist mit diesem Werk eine stimmige Aussage zur heutigen Lebenssituation gelungen; Wechsel, die in Sekundenbruchteilen geschehen, unterschiedlichste Stimmungen und Wahrnehmungen auf engstem Raum, Harmonie und Dissonanz als die zwei Seiten einer Medaille. Das Ganze hat Gubler in die traditionelle barocke Form einer Tanzsuite gebettet. Dadurch ist es ihm gelungen, eine Grundstimmung zu schaffen, aus der heraus man die Wirren und Auswüchse unserer Zeit in meditativer Fröhlichkeit erleben kann. Gublers Komposition transportiert Kraft und Wirkung. Die verschiedenen in die Suiten eingebetteten Duos meisterlich strukturiert und vorgetragen, den Einzelnen und den Dialog betonend, das Zusammenspiel im Quintett in tranceartigen Passagen gipfelnd, wurde der Konzertabend zu einem fast unvergesslichen Erlebnis.

(elbe-jeetzel-zeitung 3.12.02)